Disruption: Weisen des Verstehens

Im herkömmlichen Verständnis bezeichnen wir mit dem Begriff ›Schöpfung‹ die Erschaffung oder Herstellung einer Sache oder einer ›Daseinsordnung‹ (Jaspers). Mit dem Begriff ›Zerstörung‹ meinen wir ein aktives Vernichten oder Beseitigen derselben. Wir setzen hier also einen Akteur voraus, einen ›Zerstörer‹. Mit dem Begriff ›schöpferische Zerstörung‹ bieten sich zwei Deutungen an: Die Vorstellung, das die Zerstörung (resp. der Zerstörer) etwas Neues (Invention / Innovation) erschafft und / oder die Zerstörung als ein schöpferischer Akt des Zerstörers verstanden werden kann. Jede aktive Zerstörung ist ein Prozess, der mit einem Bruch (Disruption) einer Sache oder einer Daseinsordnung beginnt und meist viele weitere, kleinere Brüche nach sich zieht. Der Psychiater und Philosoph Karl Jaspers beschrieb 1947 in seinem Werk ›Über die Wahrheit‹ die Verfestigung des Daseins in den ›Gestalten seiner Dauer‹ sowie deren Einschmelzen und erklärte, „wo immer der Mensch seine Ordnungen durchbricht, versteht er sich selbst auf irgendeine Weise; er will, was er durchbrechend tut, wissend tun.“ (S. 719) Wenn wir unsere Ordnungen gezielt, absichtlich, mutwillig oder siegessicher niederreissen (z. B.: ›Disruptive Technologie‹), durch neue (technische, ökonomische, soziale) Horizonte ermutigt, dann sollten wir erkennen (oder eben verstehen), welche Weisen des Verstehens wir hier vorschieben. Neben Technik und Ästhetik, als Weisen des Verstehens, steht die Politik – im Sinne eines öffentlichen Verstehens. Aus diesen drei Weisen des Verstehens könnte sich ein Transformationswissen formen, mit dem wir als Gesellschaft arbeiten können.

Jaspers, Karl (1947). Von der Wahrheit. München: R. Piper & Co.
Kollmorgen, Raj et.al. (2015). Handbuch Transformationsforschung.
Wiesbaden: Springer Fachmedien.
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